Darum verbaut Lufthansa in den ersten 5 Boeing 787-9 nicht die neue Business Class

Neue Lufthansa Business Class. Foto: Lufthansa

Lufthansa hat vor einigen Tagen damit überrascht, dass man zehn weitere Langstreckenflugzeuge bestellt hat. Hierbei handelte es sich um fünf weitere Airbus A350-900, welche erst in einigen Jahren kommen und um fünf weitere Boeing 787-9, welche sehr schnell, noch in diesem Jahr zu Lufthansa kommen werden.

Mit den fünf neuen Dreamlinern wird auch eine neue Business Class zu Lufthansa kommen, allerdings nicht DIE neue Business Class, welche Lufthansa bereits in 2017 angekündigt hat und die mit der Boeing 777-9X schon letztes Jahr eingeführt werden sollte. Dies hat bei vielen die Frage aufgeworfen, warum man so etwas macht und genau auf diese Frage wollen wir hier eine Antwort geben.

Das Wichtigste, was man über die ersten fünf Boeing 787-9 wissen muss ist, dass Lufthansa nie wirklich vor hatte sie zu übernehmen und diese Flugzeuge kann man nun sehr kurzfristig durch einen Zufall haben, denn es gibt bei Boeing einige fertig oder fast fertig gebaute Boeing 787, welche von der Airline welche sie bestellt hat nicht, oder erst sehr viel später abgenommen werden sollten.

Lufthansa hat hier ganz offensichtlich einen Deal mit Boeing und dem eigentlichen Kunden gemacht, welcher Lufthansa selbst einen enormen Rabatt gibt und gleichzeitig den original Kunden und Boeing aus dem Dilemma mit den nicht benötigten Flugzeugen löst. Hierbei geht man bei Lufthansa davon aus, dass man vor allem zum nun anstehenden Neustart nach der Krise möglichst kleine Langstreckenflugzeuge benötigt und damit passen die Boeing 787-9 schon Ende 2021 sehr gut in die Planung von Lufthansa, zumal weitere Boeing 787-9 wohl schon ab Ende 2022 kommen könnten. Zusätzlich zu den fünf nun für dieses Jahr vorgesehen Boeing 787-9, hat Lufthansa noch 20 weitere Boeing 787-9 vor der Krise bestellt, bei welchen noch nicht geklärt ist, welche Airlines der Gruppe die Jets wirklich betreiben werden.

Nachdem man nun von der Entscheidung, dass man ein Flugzeug übernimmt, bis zur Übernahme nur noch ein halbes Jahr hat, ist auch klar, dass man bei Lufthansa einige Zugeständnisse machen muss. So dauert es von der Bestellung von Flugzeugen bis zur Auslieferung meist mehrere Jahre, bis ein Flugzeug eingeführt wird und sechs Monate kann man hier schon als extrem sportlich bezeichnen.

Nachdem die Flugzeuge schon gebaut sind, ist Lufthansa mit den Möglichkeiten, die man mit dem Flugzeug bei der Ausstattung hat sehr beschränkt, denn schon beim Bau der Flugzeuge wird sehr viel festgelegt, wie z.B. wo manche Einbauten platziert werden können oder nicht, ob es ein Crewrest gibt und auch welche Systeme im Flugzeug verbaut werden oder nicht. Man kann hier zwar einiges auch nachrüsten, aber dies ist mit einem enormen Aufwand verbunden und vermutlich auch in der kurzen Zeit gar nicht mehr zu machen.

Das eigentliche Problem, warum es unter allem Aufwand für Lufthansa nicht in Frage kommt, DIE neue Business Class mit der Boeing 787-9 einzuführen ist, dass der Sitz noch nicht für die 787-9 zugelassen ist und man diese Zulassung wohl auch nicht mehr bis zum Erhalt der ersten fünf Dreamliner erreichen wird, da diese sehr aufwändig ist. Gerade die Zulassung von Sitzen haben bei dem ein oder anderen Produkt die Einführung schon um Monate oder gar Jahre verzögert, wie z.B. die abgewandelte First Class Suite für die Swiss Airbus A340-300, bei welchen die Zulassung maßgeblich für die Verspätung von einem Jahr verantwortlich war.

Auch sollte man einen wichtigen Punkt nicht verkennen, nur weil man bereits in 2017 zwei recht oberflächliche Renderings der neuen Business Class gezeigt hat. So war dieser Sitz damals weit weg von der Serienreife und die Entwicklung neuer Business Class Sitze ist ein Projekt, welches Jahre in Anspruch nimmt und selbst wenn man 2017 gewollt hätte, wäre dieser Sitz hier noch lange nicht verfügbar gewesen. Ich sehe es daher als Fehler an, dass man überhaupt so früh schon Bilder des neuen Sitzes gezeigt hat, auch wenn diese eigentlich kaum etwas über die Qualität der neuen Business Class aussagen, denn es wird auf die Details ankommen, wenn dieser Sitz wirklich kommt. Dies aber nur am Rande.

Hierdurch wird eines sehr klar, Lufthansa MUSS auf bestehende Produkte für die gesamte Ausstattung der in diesem Jahr gelieferten Boeing 787-9 zurückgreifen, da man sonst die Flugzeuge nicht betreiben darf. Wenn man nun etwas zynisch sein will, darf man sagen, dass sich die Passagiere über die Weitsicht und den Mut der Entscheidungsträger bei Lufthansa freuen dürfen, denn auch wenn man DIE neue Business Class nicht als Option hat, hätte man quasi die alte Business Class von Lufthansa durchaus verbauen können.

So basiert die aktuelle Lufthansa Business Class auf dem Rockwell Collins Diamond Sitz, welcher durchaus eine Zulassung für die Boeing 787-9 hat. Zwar nicht genau in der sehr speziellen Version welche Lufthansa verwendet, aber man könnte hier durchaus einen Sitz verbauen, welcher sehr nahe an das aktuelle Business Class Produkt von Lufthansa kommt und damit die Einheitlichkeit der Kabinen wahren würde, welche Lufthansa in der Vergangenheit sehr wichtig war.

United Airlines hat z.B. ihre Dreamliner teilweise mit den Rockwell Collins Diamond Sitzen in einer 2-2-2 Bestuhlung ausgestattet. Mit grauen Sitzbezügen und einigen Deco Arrangements, würde wohl nur dem sehr geschulten Auge überhaupt direkt auffallen, dass es ein abgewandelter Sitz ist.

Review: United Polaris Business Class Boeing 787 Frankfurt nach San Francisco

Lufthansa hat sich dazu entschieden einen neuen Sitz mit der Boeing 787-9 einzuführen, auch wenn die ersten fünf wohl immer eine Sonderstellung in der Lufthansa Flotte haben werden und wenn überhaupt wird es einige Jahre dauern, bis man die Business Class in diesen frühen Dreamliner auf DIE neue Business Class umbaut. Dafür wird man aber hier auch schon dieses Jahr ein modernes Business Class Produkt haben, bei welchem jeder Sitz direkten Gangzugang hat und bei dem sich die Sitze flach stellen lassen.

Alexander hat hier schon eine sehr gute Übersicht geschrieben, welche Sitze überhaupt für den Dreamliner in Frage kommen, was vor allem mit der Zulassung der Sitze zu tun hat.  Ich persönlich halte folgende Sitze in der Business Class für denkbar:

  • Rockwell Collins Diamond Plus
  • Thompson Vantage XL
  • Safran SkyLounge
  • Stelia Solstyce
  • Safran Cirrus

Hierbei darf man bei der Kabine dieser Boeing 787-9 nicht vergessen, dass man nicht nur die Business Class ausstatten muss, sondern auch die Economy Class und Premium Economy Class. Beim Kabinen Design ist man bei den schon gebauten Flugzeugen vor allem von der Positionierung der Bordküchen, Crewrest und auch Toiletten abhängig, welche man nicht beliebig verschieben kann.

Daher ist vor allem die Business Class sehr kritisch, denn wenn hier die Sitze, Küchen und Toiletten nicht zusammenpassen, verschenkt man unter Umständen sehr viel Raum. Selbiges gilt aber auch für die Premium Economy und Economy Class, wenn auch nicht im selben Maße. Auch lassen sich Sitze in der Economy Class und Premium Economy Class deutlich einfacher tauschen und umkonfigurieren, als in der Business Class.

Aufräumen will ich aber noch mit dem sich sehr hartnäckig haltenden Gerücht, dass Lufthansa die Sitze, welche für die ersten fünf Dreamliner vorgesehen waren verwenden MUSS. Dies ist nicht der Fall und man ist vor allem in den Optionen durch Zulassungen, nicht davon was der ursprüngliche Kunde geordert hat, wie man aus Lufthansa Kreisen inzwischen sehr deutlich hört.

Dennoch ist es durchaus denkbar, dass man die Sitze der ursprünglichen Airline, zumindest das Grundgerüst, verwenden wird, denn nicht nur dass diese Sitze auf jeden Fall verfügbar sind, man kann diese womöglich auch sehr günstig übernehmen, wobei hierbei auch gilt, dass nicht selten Flugzeugsitze nicht gekauft, sondern auch geleast werden.

Darum verbaut Lufthansa in den ersten 5 Boeing 787-9 nicht die neue Business Class | Frankfurtflyer Kommentar

Ich freue mich tatsächlich sehr auf die ersten Lufthansa Boeing 787-9 gegen Ende des Jahres. Endlich eine neue Lufthansa Business Class, ein neues Flugzeug und ein Blick nach vorne, auch wenn hier einiges ein Provisorium sein wird. Womit Lufthansa möglicherweise nicht glücklich ist, muss für den Kunden überhaupt nicht schlecht sein, denn Lufthansa hatte schon einige fantastische Provisorien in der Flotte. Ich möchte hier nur an die legendäre Bed and Seat First Class in der Boeing 747-400 erinnern, welche ein einziges Provisorium war und wohl damals trotzdem das beste First Class Produkt der Welt.

Für Lufthansa wird es nun auch ein Kraftakt, so schnell ein neues Langstreckenflugzeug einzuführen und ich bin tatsächlich gespannt, wie die Airline dies genau machen wird. Spannend wird es mit den Lufthansa Dreamlinern auf jeden Fall!

6 Kommentare

  1. Mal wieder wurde das Modewort „verbaut“ genutzt. Wenn etwas „verbaut“ wurde, hat man es untrennbar mit dem Rest verbunden, in diesem Flugzeug wurden Kohlefaserwerkstoffe verbaut, aber mit Sicherheit nicht Premium Sitze.

    • Sorry aber das ist ja mal Wortklauberei! Wenn du es aber soweit herrunterbrechen willst, die Sitze in einem Flugzeug sind fest und dauerhaft mit dem Flugzeug verbunden und ergeben eine Einheit, damit sind sie Verbaut wie das Holz einer Terrasse oder auch das CFK. BTW, bei letzteren kann man auch wieder eine Lösung von Harz und Kohlefaser erzeugen wenn man nur will.

  2. Ich habe am Wochenende übrigens einen weiteren Namen einer Airline gelesen, welche ursprünglich Besteller eines der zukünftigen LH Dreamliner sein soll: bei jener 787 mit RR Motoren soll es sich um einen der drei derzeit nicht abgeholten Dreamliner der Gulf Air handeln. Diese haben RR Motoren, in der C ist der Thompson Sitz ver…. ähh eingebaut 🤗 und Gulf Air war schon vor der Krise notorisch defizitär. Das könnte also passen.

    • Gulf Air ist auch interessant, aber es sind wohl nur drei Dreamliner und ich kann mir fast nicht vorstellen, dass man einen Gemischtwahrenladen kauft….. Möglich ist aber alles und es gab auch das Gerücht, es wird eine 2-2-2 Bestuhlung mit direktem Gangzugang und hier kommt nur die APEX Suite in frage, die Gulf Air auch verbaut hat.

      Es bleibt spannend.

    • Die Hainan Business sind die Rockwell Collins Diamond Plus Sitze, die halte ich für eine Option, aber wir werden es wohl erst genau in einigen Wochen wissen.

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