Lufthansa will mehr kostenpflichtige Sonderleistungen verkaufen

Eine Boeing 747-400 der Lufthansa. Symbolbild

Die Zeiten, in denen man mit einem Economy Class Ticket bei Lufthansa bereits alles erworben hatte und man nicht mehr damit rechnen musste, noch an irgendeiner Stelle einen Aufpreis zahlen zu müssen sind lange vorbei. Wirklich verwunderlich ist dies aber auch nicht, denn mit Flugtickets für 39 Euro kann man sicher kein Geld mehr verdienen und daher sucht man nach weiteren Einnahmequellen. In Zukunft will Lufthansa mehr kostenpflichtige Sonderleistungen verkaufen und so die Einnahmen und besonders auch den Gewinn erhöhen.

Der Lufthansa Vorstand musste sich in den letzten Tagen und Wochen einige unangenehme Fragen der Anleger gefallen lassen und um diese zu beruhigen hat man ihnen auf dem Capital Market Day 2019 unter anderem eine Aussicht auf eine veränderte Tarifstruktur gegeben.

In der Branche ist es aktuell ein großer Trend mehr kostenpflichtige Sonderleistungen zu verkaufen. Man bezeichnet dies schön als „unbundeling“. Damit bietet der Basispreis nur noch den reinen Flug und für alles andere muss der Passagier extra bezahlen. Eine der ersten Airlines, die dieses Prinzip sogar auf die Business Class umgelegt hat, war Emirates mit den neuen Business Special Tarifen.

In Europa ist das „unbundeling“ von Economy Class Tarifen besonders auf der Kurzstrecke ein großes Thema, da man hier das größte zusätzliche Revenue (prozentual) erreichen kann. Allerdings wird dies sicher auch auf der Langstrecke mehr und mehr ein Thema.

Lufthansa hat schon vor einigen Jahren damit begonnen auf der Kurzstrecke mit abgestuften Tarifen die geboten Leistungen an den Preis anzupassen. Hierbei kann man schon jetzt durch die Wahl des Tarifs gewisse Sonderleistungen hinzu kaufen.

Dabei bieten immer noch alle Tarife am Flughafen und im Flugzeug fast die selben Leistungen. So darf jeder Lufthansa Economy Class Passagier, egal in welchem Tarif er gebucht ist, am Check-In Schalter (sofern es noch einen richtigen gibt), am Automaten oder online ohne Zusatzkosten einchecken und auch an Bord erhalten alle Economy Class Passagiere dieselbe Leistung in Form von Sitzplatz und Getränke/Snack.

Differenziert wird aktuell nur in Gepäck, Sitzplatzreservierung und besonders in der Flexibilität.

In Zukunft will man hier noch deutlich differenzierter werden und zu dem reinen Flug auch noch je nach Art des Kunden Pakete anbieten, welche natürlich eine kaufpreispflichtige Sonderleistung sind.

Die Präsentation von Lufthansa schweigt sich hier noch ganz bewusst darüber aus, welche Leistungen bald zusätzlich erworben werden müssen, allerdings zeigt man ganz deutlich, dass man hier zum „Basis Tarif“ möglichst jedem Kunden noch Extras verkaufen will.

Vorstellbar sind hier Dinge wie Priority Check-In, Fast Lane, Priority Boarding, kostenloses Umbuchen und Loungezugang in den Business Paketen.

Bei den Reisenden und Familien Paketen spricht man vermutlich über extra Gepäck, Sitzplatzreservierungen, oder auch Loungezugang. Auch würde ich es nicht ausschließen, dass man auch bei Lufthansa anfängt in der Economy Class zusätzliche Speisen und Getränke an Bord zu verkaufen.

Schon jetzt macht man bei Lufthansa über eine halbe Milliarde Euro Umsatz pro Jahr mit solch kostenpflichtigen Zusatzleistungen. In den nächsten drei Jahren will man diesen Wert allerdings noch einmal um 50% steigern.

Lufthansa will mehr kostenpflichtige Sonderleistungen verkaufen | Frankfurtflyer Kommentar

Schon jetzt suchen Airlines immer mehr nach Einnahmequellen neben dem eigentlichen Flugpreis und in einigen Fällen übersteigen diese Upsell Angebote sogar deutlich den Flugpreis. Ich selbst bin kein großer Fan von kostenpflichtigen Zusatzleistungen, allerdings ist dies ganz offensichtlich die Zukunft in welche wir uns entwickeln und dies nicht nur bei Lufthansa.

Der Kostendruck auf die Airlines ist inzwischen so groß geworden, dass man neue Wege finden muss an das Geld der Passagiere zu kommen. Am Ende ist es aber genau das, was die Passagiere offensichtlich wollen. Die Tickets müssen so billig wie möglich sein. Wenn man zu seinem 50 Euro Flug noch zwei mal eine Sonderleistung für 30 Euro hinzu kauft, sind die Kunden dennoch kaufbereiter, als wenn das Ticket zu Beginn bereits 110 Euro kostet.

Mir persönlich gefällt diese Entwicklung nicht, aber schauen wir mal wohin die Reise bei Lufthansa in den nächsten Jahren geht. Die aktuelle Präsentation gibt hier zumindest eine Aussicht.

11 Kommentare

  1. Einfach Bullshit, ist einzig und allein dem Kapitalmarktdruck und Aktionären geschuldet.
    Im Restaurant würde es auch keiner witzig finden, wenn als „unbundled“ erst mal nur Kartoffeln und Soße kommt, Fleisch und Beilagen können gerne extra reserviert werden. Als Spitzenprodukt in der höchsten Preiskategorie kann man auch Messer und Gabel zusätzlich erwerben!!
    Wie krank ist diese Welt? Das ist nicht mehr meine! Wann hört dieser Mumpitz nur bitte endlich auf??

    • Eigentlich funktioniert es in manchen sehr guten Restaurants genau so. In einem top Steakhouse in New York bekommst du nur das Fleisch und alle Beilagen werden extra nach Wunsch berechnet.

      Ich bin aber auch der Meinung, dass so etwas sehr nervig ist. Aber das wird solange gehen, wie nicht mehr alle schreien „100 Euro für nen schnöden Flug nach Mallorca ist zu teuer“. Ich denke also es wird nie aufhören.

  2. klar ist hier noch Luft – letztlich ist das Ziel aber nicht nur Umsatz zu generieren, sondern auch – und ich behaupte mal das primäre Ziel – sich nicht mit anderen Airlines vergleichbar zu machen! Also möglichst intransparent im Vergleich zu anderen zu sein.

    Siehe Tarife auf den NA-Strecken, wo manche Airlines zwar immer noch Gepäck in allen Tarifen haben, aber halt andere „Benefits“ gestrichen wurden.

    Die Erfahrung zeigt leider, dass die konventionellen Airlines dann ganz dich zulangen und vorallem bei bestimmten Änderungen rechtliche Grundlagen „vergessen“ („wo kein Kläger da kein Richter“). Beispiele Gepäckgebühren Erhöhung nachträglich obwohl eigentlich der Preis zum Zeitpunkt der Buchung gelten müsste (der Käufer erklärt sich bereit Zusatzleistungen zu bezahlen, die zum Buchungszeitraum galten). Das ist mir (IT-)Aufwand verbunden aber manche Airlines scheren sich eine Dreck um die Legalität (s. EU-Kompensation, die man mittlerweile fast immer einklagen muss (ohne Klage keine Zahlung – Verfahren werden selten geführt)

    Was sicher kommen wird ist das Abschalten der freien Auswahl des Sitzplatzes beim CI. Zuweisung durch Robot – wer zuerst eincheckt (oder automatisch) bekommt den Mittelplatz -> mehr Kunden werden Plätze kaufen (wollen) – hatte AB auch im Programm!

    Dazu noch ein paar Extremtricks von LCC & solche die zwar standhaft behaupten, sie seinen keine, aber deren Tricks anwenden:
    – Gäste auf einem PNR werden absichtlich nicht nebeneinander gesetzt (FR)
    – Änderung von gekauften Sitzplätzen ist kostenpflichtig (TAP)
    – einmal in der Maske ausgewählte Sitzplätze können nicht mehr storniert werden, sondern müssen gekauft werden (TAP, illegal)

    Alles andere oben ist ok, auf den „Snack“ einen bis 2021 haltbaren aufgebackenden Wrap oder so Zeugs kann ich echt verzichten! Wenn die Behörden endlich mal die bescheuerte Wasserbegrenzung auf 100ml fallen liessen, wären auch die Getränke wie der fair.

    Solange aber Behörden mit Airlines und Airportbetreibern in mafiöser Art und Weise Absprachen treffen wird hier auf dem Rücken der Gäste scheinheilig Umsatz generiert – das Sicherheitsargument ist längst obsolet und könnte nach Aussage von den meisten Experten fallen gelassen werden – Sprengstoff ist erkennbar!

  3. Seit über 40 Jahre bin ich unterwegs,zuerst beruflich, unterdessen „aus Spass an der Freud“. Da ich schon immer bloss mit Handgepäck unterwegs war,hat es mich stets gestört, dass ich z.B. das Gepäck mitfinanzierte.
    Die jetzige Lösung ist in Ordnung: Jeder bezahlt, was er braucht (oder zusätzlich will).

  4. Da kann ich mich René nur anschließen. Wichtig ist, dass der Wettbewerb funktioniert. Solange das gegeben ist, führen all die Zusatztarife am Ende nur zum Abbau von Quersubventionen zwischen den Passagieren.
    Der Haken besteht m. E. nur darin, dass die umfangreichere Differenzierung einen vom Passagier zu bezahlenden bürokratischen Mehraufwand bedeutet, für den am Ende keine Gegenleistung herauskommt.
    Ist doch beispielsweise ganz nett, wenn meinethalben Loungezugang mit 50 € auf der Aufpreisliste steht, womit ich dann als Fluggast die Möglichkeit habe, zugunsten der teilweise deutlich höherwertigen lokalen Gastronomie darauf zu verzichten. Das Beispiel fällt mir gerade angesichts der lustigen 43 € für die relativ neue Eurolounge in T1 in München ein. Ganz miserables Preis/Leistungsverhältnis. Würde ich ohne Bündelung mit dem Ticket nie separat zahlen.

  5. Ich bin kein Fan davon. Ich will vollständige Preise sehen und nicht mit Freude einen günstigen Preis sehen und dann von den notwendigen Extras preislich enttäuscht zu werden.

    Wenn Lufthansa auch zusätzlich mit vollen Preisen inkl. Gepäck und Essen wirbt, soll es mir aber grundsätzlich Recht sein.

  6. Ich bin gespannt, wie sich die Suchmaschinen entwickeln, wenn das Zerlegen noch weiter Schule macht.
    Einige Seiten bieten ja schon einen Filter an, wieviel Gepäck es sein soll (zuletzt bei Google und Expedia gesehen), wenn auch erst als nachträgliche Einschränkung und nicht schon vor der Suche. Vielleicht kann man dann künftig auch noch die ganzen übrigen Zusatzleistungen mit filtern, was natürlich nicht im Sinne der Fluglinien wäre – die wollen ihren billigsten Tarif vorne stehen haben, so dass der Kunde gar nicht mehr die Tarife anderer Fluglinien anguckt, obwohl sie aufgrund der Zusatzleistungen am Ende günstiger sein könnten.
    Ich habe die Hoffnung, dass es so kommt, denn dann hätten wir wirklich Transparenz. Genau darum werden LH und Co aber alles dran setzen, das zu verhindern.

  7. Ihr seid Opfer des Marketing Geschwafels der Sales Propaganda und habt den wahren Grund nicht verstanden: keines am freien Markt operierendes Unternehmen will dem Kunden was günstiger anbieten, weil er eine Leistung nicht benötigt! Das Thema ist komplexer als „jetzt können Sie noch günstiger reisen, weil sie keine Querfinanzierung der anderen mitmachen müssen“! Airlines sind keine Wohlfahrtsunternehmen…

    Es ist das Eingeständnis, dass die bisherige Strategie „bei uns ist alle mit drin, bei den anderen fehlt alles“ nicht funktionierte und leider ein Beweis, dass der Kunde zwar für 20€ nach Mallorca fliegen möchte, aber später vor Ort in 5* Hotels für 250€/Nacht residiert. Flug muss billig sein, alles andere soll Luxus sein!

    Leztlich geht es darum zu wachsen (Shareholder value), also höhere Preise durch setzen zu können und gleichzeitig die Kosten zu senken.

    Sitzplatzgebühren oder Loungzugang sind 100% Zusatzgeschäft (mit sehr geringem IT Mehraufwand, mal die GDS Kosten für das extra Ticket (teils – nicht überall) abgesehen), beim Gepäck kann das ganze auch nach hinten losgehen, wenn die Gebühren zu hoch sind (s. Ryanair)

    Zu klären wäre, ob ein Gepäckstück (mal unabhängig von Handgepäck oder CI) zu einer Reise gehört. Darf ein Mantel im Sommer mitgenommen werden, oder muss der Gast nachweisen, dass es an seinem Zielort nur 5°C hat etc.

    Der Trick liegt darin, Zusatzleistungen extra zu berechnen, die eigentlich jeder benötigt oder zumindest seit jeher gewohnt war, bei Flugreisen zu erhalten: Gepäck, Getränke, Essen, Sitzplatzauswahl (Lounge, Fastrack, Prioboarding sehe ich als Privileg für Statuskunden und Business Class)

    Man stelle sich vor, seit Einführung der Gepäckgebühren würden 90% der Fluggäste ohne CI Gepäck reisen? Dann ginge die Rechnung nicht auf! Minus-Umsatz, weil ja jeder nur light ohne Extras reiste… das kann also nicht das Ziel sein, was Rene und Rainer hier als Vorteil ververkaufen wollen!

    Wachstum mit den neuen Konzept geht nur, wenn man die Basistarife (die rein zur Konkurrenzpositionierung dienen) immer wieder leicht anpassen kann aber gleichzeitig auch die Zusatzleistungen immer wieder erhöht, bis der Gesamtumsatz höher als das Vorjahr ist. Funktioniert natürlich nur, wenn die Konkurrenz mitzieht (was bei FR/EY etc. nie der Fall ist). Ausserdem darf der Kunde nicht dazu verführt werden, die Zusatzleistungen gar nicht zu nutzen (s.o.) – also das reine Handgepäck unattraktiv machen: Gewichts-und Größenkontrolle, Mafiöse Absprachen bzgl. der Mitnahme von Flüssigkeiten oder gleich Handgepäck nur mehr „Handtasche“ erlauben…

    Bei Business Class Ticket jetzt was wegzustreichen zielt auf die Kunden, die aufgrund restrikter Reiserichtlinien nicht mehr „einfach Lufthansa“ fliegen dürfen, sondern immer den günstigsten Tarif buchen müssen (anstatt LH nonstop halt KL/AF oder Wüstenairlines) – die Reiserichtinien erlauben in aller Regel keine Erstattung von Lounge, Dusche oder Fasttrack (muss der Passaier dann aus eigener Kasse bezahlen).

    Und Rene und Rainer finanzieren garantiert in der Langstrecke C keine Gepäckstück quer..

  8. @Daniel: genau das ist der zweite (IMHO wichtiger Aspekt zum Thema) aber weniger bei der Langstrecke in C, auf 100€ kommt’s da selten drauf an!

  9. Eigentlich Wahnsinn: man stelle sich vor, Hotels wandeln sich zu Hostels und man muss für Bettwäasche, Handtuch und Strom oder Warmwasser extra bezahlen?

    Oder der Bäcker fragt „sie wollen ein Brezel mit Salz, ja die kostet 0,1€ mehr“

    Craaaazzyy

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