Lufthansa will weniger Crew auf Langstrecke – Gewerkschaften drohen mit Streik

Die Lohnkosten in Deutschland sind extrem hoch und die Kosten für das fliegende Personal machen einen nicht unerheblichen Teil der Kosten eines Fluges aus. Daher will Lufthansa nun ein Crewmitglied weniger in der Kabine auf einigen Langstreckenflügen, was besonders den Gewerkschaften nicht gefällt. Diese drohen schon wieder mit Streik im Zusammenhang mit den Überlegungen von Lufthansa.

Im Detail sieht der Plan von Lufthansa vor, dass man auf kleineren Langstreckenflugzeugen wie dem Airbus A330, dem Airbus A340-300 und A340-600, sowie dem Airbus A350-900 ein Crewmitglied einsparen könnte. Im Gegenzug für das fehlende Crewmitglied würde der Purser auf Langstreckenflügen fest in den Service mit eingebunden werden um die fehlende Arbeitskraft zu ersetzen und die Crew zu entlasten.

Aktuell fliegen alle Lufthansa Langstreckenflüge mit zwei Pursern in der Kabine. Der sogenannte P2, der Chef- Purser, hat dabei in der Kabine keine festen Aufgaben und  „managed“ quasi die Crew und den Service, ist die Kontaktperson für die Passagiere und kümmert sich um Unregelmäßigkeiten, wie z.B. eine Geburt an Bord.

Neben dem P2, ohne feste Service Position in der Kabine, gibt es auf Lufthansa Langstrecken noch einen zweiten Purser, den P1. Dieser hat eine feste Service Position und koordiniert hier den Service, während er mitarbeitet.

In dem JUMP Projekt, bei welchem Lufthansa mit Airbus A340-300 mit kleiner Business Class und einer sehr großen Economy Class zu touristischen Zielen geflogen ist, hat man ein Konzept mit nur einem Purser getestet, welcher auch im Service fest mitarbeiten musste. Hiermit habe man sehr gute Erfahrungen gemacht.

Laut Lufthansa wäre das „angepasste Purserkonzept“ mit den aktuellen Tarifverträgen vereinbart und so wie es sich für mich anhört, möchte man wohl einen der beiden Purser auf kleinen Langstreckenflugzeugen einsparen, was auch ein Flugbegleiter mit höherer Bezahlung wäre.

Die Gewerkschaft der Flugbegleiter läuft gegen dieses Vorhaben Sturm und kommentiert:

Man könne sich nicht als Premium-Airline feiern lassen und gleichzeitig beim Service knapsen!

Ich muss hier der Gewerkschaft Recht geben, denn einen guten 5 Sterne Service mit einem Flugbegleiter weniger zu leisten ist für die Crew sicher sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Hier das Niveau zu halten wird eine Gradwanderung sein.

Was ich allerdings als sehr kritisch ansehe ist eine weitere Ankündigen der Flugbekleitergewerkschaft UFO:

In den kommenden Wochen werde man daher einzelne Tarifverträge kündigen, um schnell eine mögliche Streikbereitschaft herzustellen. „Das Unternehmen hat viel Vertrauen verspielt, die Leute sind einfach nur sauer“, sagte der Gewerkschafter.

Dass man mit einer Veränderung in der Struktur der Kabine nicht glücklich ist, kann ich nachvollziehen. Dass man hierüber allerdings möglicherweise eine neue Streikwelle einläuten möchte finde ich sehr problematisch und ich kann es nicht nachvollziehen. Bis jetzt sind es allerdings auch nur (verhandlungstaktische) Drohungen.

Lufthansa will weniger Crew auf Langstrecke | Frankfurtflyer Kommentar

Dass Lufthansa dem P2 eine feste Servicerolle zukommen lassen will, halte ich persönlich für keine schlechte Idee. Auf vielen Flügen nimmt bereits jetzt der Purser einen Teil des Services ein und unterstützt seine Crew. Genau auf diesen Flügen, bei welchen der Purser so aktiv ist, ist meistens auch die Crew extrem motiviert und serviceorientiert.

Andererseits habe ich auch schon P2 erlebt, welche kaum aus ihrer Purser Station heraus gekommen sind und auf diesen Flügen war der Service meist auch schlechter. Ganz nach dem Motto: „Der Fisch stinkt immer vom Kopf“.

Auch bei Swiss hat der Maître de Cabine (Purser) im Service der Business Class eine feste Rolle und verteilt hier die Hauptgänge. Generell führt dies zu einer hohen Präsenz des Maître de Cabine und so ist es bei Swiss absolut nicht ungewöhnlich, dass man auch mal vom Kabinenchef bedient wird oder dieser in der First Class die Betten macht.

Das Konzept mit zwei Pursern bei Lufthansa ist teuer und vielleicht auch nicht zwingend nötig, daher finde ich es nicht verkehrt, dass man diese Rollen überdenkt und möglicherweise neu definiert. Ein Mitglied der Crew einzusparen finde ich allerdings problematisch, da es so für die Crew immer schwieriger wird, guten und individuellen Service zu bieten.

Danke: Aero.de

3 Kommentare

    • Lohnkosten und Lohnnebenkosten sind in Deutschland höher als in anderen Ländern. Nicht ohne Grund sind bei manchen Billigfliegern die Flugbegleiter in Irland oder gar Thailand angestellte.

      Hier geht es auch nicht um „günstige Flugbegleiter“ mit frischen Arbeitsverträgen, sondern so wie man es ließt um Purser mit mittleren fünfstelligen Jahreseinkommen. Wenn man hier auf jedem Flug einen FA einspart kommt viel Geld übers Jahr zusammen.

      Nachvollziehen kann ich die Idee schon, wie Sinnvoll es am ende ist, steht auf einem anderen Blatt.

      LG
      Christoph

  1. Mhh, ich finde schon jetzt ist bei Lufthansa die Crew auf manchen Strecken personalmäßig überfordert. Ich hatte schon Sitze im Premium-Bereich, wo ohne den Rufknopf nichts ging (fehlendes Besteck, zweites Getränk, Abräumen nach mehr als einer Stunde,..). Und da wollen sie jetzt noch mehr Personal abziehen? Dann will ich aber ’ne Ermäßigung haben für meine Selbstbedienung.

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