Keine Ausgleichszahlungen bei Flugstornierung wegen Corona | Europäische Kommission schränkt Fluggastrechte ein

Millionen Fluggäste schlagen sich derzeit mit stornierten Flugtickets herum. Doch welche Art der Erstattung oder Kompensation steht Euch in Zeiten des Coronavirus zu? Die Europäische Kommission hat nun Stellung genommen und klärt in einer aktuellen Veröffentlichung auf, welche Rechte Euch während der Coronakrise zustehen. Die Kommission schränkt allerdings auch einige Rechte ein. So dürften Kompensationszahlungen zukünftig erstmal entfallen.

Europäische Kommission schränkt Fluggastrechte ein | Besondere Situation

Die derzeitige Situation ist extrem frustrierend. Reihenweise werden  Flugtickets unserer Leser storniert. Doch statt schnell umgebucht zu werden oder eine Erstattung zu bekommen, lassen uns die Fluggesellschaften im Regen stehen.

Das ist natürlich der besonderen Situation geschuldet. Nahezu täglich werden Airlines auf Grund von Flug- und Einreisebeschränkungen dazu gezwungen, weitere Flüge zu stornieren. Die Callcenter und anderen Kundenservice-Kanäle der Fluggesellschaften und Reisebüros sind überlastet. Kunden werden gebeten, sich nur noch zu melden, wenn der Flug in den nächsten 3-5 Tagen stattfindet.

In dieser frustrierenden Situation wollen wir Euch noch mal einen Überblick verschaffen, welche Rechte ihr bei Flugstornierungen habt. Insbesondere nach der Veröffentlichung der neuen Leitlinien zur Auslegung der EU261/2004 Verordnung während der Corona-Krise.

Europäische Kommission schränkt Fluggastrechte ein | Rechte konkretisiert

Grundsätzlich sieht die EU-Fluggastrechteverordnung EG261/2004 mit der Erstattung, Umbuchung und Entschädigung drei verschiedene Optionen vor, die Ihr bei einer Stornierung habt.

Erstattung

Wird ein Flug storniert – egal aus welchem Grund – steht Euch eine vollständige Erstattung des Flugpreises zu. Und zwar auch für den Rückflug. Die Europäische Kommission stellt in Ihren Leitlinien klar: Dieses Recht gilt selbst dann, wenn der Rückflug von einer anderen Fluggesellschaft durchgeführt wird.

Ihr müsst Euch übrigens nicht mit Fluggutscheinen begnügen, sondern könnt Cash zurück verlangen. Auch das stellt die Kommission klar.

Fluggastrecht-Experte Dr. Matthias Böse meint dazu: „Die Klarstellung der Kommission, dass keine Reisegutscheine bei Annullierung akzeptiert werden müssen, ist sehr wichtig. Airlines werden versuchen gerade nicht ohne Grund für Liquidität zu sorgen und Passagiere sollten sich gut überlegen, ob der Darlehensnehmer gerade in der aktuell schwierigen Situation ausreichend solvent ist und bleiben wird.“

Die bedingungslose Erstattung winkt Euch übrigens nur, wenn die Fluggesellschaft das Ticket storniert. Storniert Ihr das Ticket selbst, gelten die Stornierungsbedingungen der Fluggesellschaft.

Umbuchung

Ebenfalls unabhängig von Gründen und damit auf für Stornierungen auf Grund des Coronavirus gültig, ist das Recht auf Umbuchung.

Egal wie früh Euch die Fluggesellschaft über die Stornierung Eures Flugs informiert, habt Ihr das Recht auf einen Ersatzflug. Weigert sich die Fluggesellschaft, Euch auf einen alternativen Flug umzubuchen, könnt Ihr auf eigene Faust einen vergleichbaren Ersatzflug buchen. Anwalt Dr. Matthias Böse von der Kanzlei Franz LLP empfiehlt auf rechteindeutig.de, der Airline zunächst eine angemessene Frist zu setzen und Euch die Mehrkosten anschließend  ersetzen zu lassen.

Entschädigung

Unter gewissen Umständen könnt Ihr auch eine Kompensation einfordern. Dabei winken Euch je nach Flugstrecke Ausgleichszahlungen in Höhe von 125 bis 600 Euro, wenn der Flug weniger als 14 Tage vor Abflug storniert wird.

Dieses Recht „kassiert“ die Europäischen Kommission aber nun. Die Gründe, die zu Flugausfällen im Rahmen der Coronakrise führen, werden weitestgehend als „außergewöhnliche Umstände“ definiert. Primär sind damit Stornierungen wegen Reisebeschränkungen der Länder gemeint. Aber auch Cancellations, weil Flüge leer bleiben würden oder gesundheitliche Gefahr für die Crew bestünde, zählen als außergewöhnliche Gründe.

Betreuungsleistungen

Auch wenn der Coronavirus dafür sorgt, dass Euer Flug nicht stattfinden kann, hat die Fluggesellschaft Betreuungsleistungen zur Verfügung zu stellen. Dazu zählen Transport, Hotel und Verpflegung. Diese Leistungen sind  grundsätzlich zeitlich unbegrenzt zur Verfügung zu stellen.

Rechteindeutig.de weist hierzu auf einen entscheidenden Punkt hin: Nutzt Ihr das Recht auf  Erstattung oder Umbuchung, soweit diese nicht auf den nächstmöglichen Flug erfolgt, erlischt der Anspruch auf weitere Betreuung.

Europäische Kommission schränkt Fluggastrechte ein | Frankfurtflyer Kommentar

Wer derzeit ein Flugticket hat, welches er nicht antreten kann, steckt in der Zwickmühle. Ruhe bewahren und zustehende Rechte später geltend machen oder stundenlang in der Warteschleife hängen und Airline oder Reisebüro nerven.

Wartet Ihr mit der Erstattung oder Umbuchung, erspart Ihr euch vermutlich Nerven und Lebenszeit. Außerdem helft Ihr dabei, dass das System weiter funktioniert. Das erfordert jedoch hohe Disziplin und hat ein gewisses Risiko. Denn wer vertraut schon gerne sein Geld einem Unternehmen an, dessen Geschäftsmodell gerade am Boden liegt.

Wollt Ihr Euer Recht jetzt einfordern, könnte es Sinn machen, Euch schriftlich an die Airline oder das Reisebüro zu wenden und eine Frist zu setzen.

Wie sind Eure Erfahrungen derzeit mit Erstattungen von Flugtickets?

6 Kommentare

  1. Ich finde das nachvollziehbar, dass es aufgrund der Corona-Krise keine Ausgleichszahlungen gibt, weil das momentan wirklich „außergewöhnliche Umstände sind“. Des Weiteren sichert das mancher Airline das Überleben und man trägt dazu bei, dass das ganze System als solches erhalten wird.

    Geld für (durch die Airline) stornierte Flüge soll und muss es natürlich zurückgeben.

  2. Bin gerade in Diskussionen mit Swiss. Diese erstatten mir mein Business Ticket nicht. Obwohl ab dem 23.3 nur noch nach EWR geflogen wird. Ich wollte nach BKK.
    Das Ticket behält sein Gültigkeit obwohl der Flug nun definitiv nicht stattfinden wird, und das „Guthaben“ könnte ich für einen späteren Flug nutzen welchen ich bis 31.8 zu Buchen habe.
    Würde es mir nicht gerade selbst passieren, ich würde es nicht glauben!

    Irgendjemand einen Tipp für mich?

    • Hi Robert,

      Die EU Fluggastrechte schließen auch die Schweiz ein. Daher kannst Du Dich an den Rechten in diesem Artikel orientieren, soweit dein Flug abgesagt wurde.

      Je nachdem woher Du kommst, hat Swiss sicher kein Interesse, Dir Unterkunft und Verpflegung bis zum nächsten Abflug zu zahlen. Vielleicht hilft dieses Argument ja gegenüber Swiss.

      Grundsätzlich ist immer zu empfehlen: wenn telefonisch keine Lösung gefunden werden kann, schriftlich unter Fristsetzung deine Option einfordern. Regt sich die Airline nicht, Rechtsbeistand einschalten.

      Viele Grüße
      Sebastian

    • Ich hatte schon vor zwei Jahren massive Probleme meine Rechte bei der Swiss durchzusetzen. Flug wurde nach Boarden gestrichen. Der Kapitän teilte uns noch mit, dass man zwar clearing vom Tower für den Flug bekommen hat, die Operational Control sich aber entschieden hätte, den Flug dennoch zu streichen. Es schneite ein wenig, alle anderen Flüge auf der gleiche Strecke wurden ohne wesentliche Verspätung durchgeführt. Nachher versuchte Swiss sich damit auszureden, dass sie wegen schlechtem Wetter nicht hätten fliegen können. War eine dreiste Lüge, die sie trotz Sen Status aufrechterhielten. Sie weigerten sich auch beharrlich den Tatbestand zu dokumentieren, wozu sie eindeutig verpflichtet waren.
      Erst durch Einschaltung der Behörden gaben sie dann nach. Sowas habe ich bei der LH Mutter nie in der Konsequenz erlebt.

  3. Hallo! Ich haber gerade eine Strornierung von norwegian air erhalten und um Rückerstattung des vollen Ticketpreises gebeten. Habe dann „nur“ eine Standard E-Mail mit Bearbeitungsnummer bekommen. Da es norwegian ja bekanntlich schon länger nicht sehr gut geht, wollte ich mal fragen ob es eigentlichen einen zeitlichen Rahmen gibt bis wann man das Geld zurückerstattet bekommen sollte. Ich will keinen unnötigen Stress machen aber mich natürlich auch nicht unnötig lange hinhalten lassen. Weiß jemand etwas über solche Fristen?

    Viele Grüße
    Daniel

    • Eigentlich soll die Airline binnen 7 Tagen das Geld zurück erstatten, aber das macht keine Airline gerade, weil sie es nicht können. Am besten bist du bedient, wenn du abwartest bis es Staatliche Hilfen gibt. Streß bringt nichts.

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